Donnerstag, 27. Juli 2006
Statistik, Teil 1: Jetzt wird's eklig ...
... denn ich muss über Verstopfung sprechen. Weil die Stroebel Communications GmbH & Co KG darüber spricht. Und wie:

Größte Umfrage der Welt (13.879 Personen) ergab: Bereits 12 Prozent aller Menschen leiden an Verstopfung!

Das macht mich stutzig: 13.879 Personen sind die größte Umfrage der Welt???? Naja. Mal den Pressetext lesen ...

Neue Strategien / Internationale Experten widerlegen falsche Annahmen / Dulcolax: Schnelle Hilfe über Nacht

Bereits 12 Prozent aller Menschen leiden inzwischen an Verstopfung - eine Volkskrankheit! Das ergab die im Auftrag der Dulcolax-Forschung durchgeführte weltweit größte Umfrage zum Thema "Obstipation", an der sich 13.879 Personen in sieben Ländern beteiligt haben.


Aha. Größte Umfrage zum Thema Verstopfung. Soso.

Und weil 12 Prozent daran leiden, ist es also gleich eine Krankheit. Weil: Gegen Krankheiten muss man Medikamente nehmen. Und das ist gut. Für die Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, die Dulcolax vertreibt, und für die Stroebel Communications GmbH & Co KG, die die Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG dabei unterstützt.

Blöd nur, dass Verstopfung keine Krankheit ist, sondern lediglich ein Symptom. Ein kleiner, aber feiner Unterschied. Die Verstopfung kann verschiedene Ursachen haben. Am häufigsten passiert es, dass der Darm nicht richtig funktioniert, z. B. wegen zu geringer Flüssigkeitszufuhr, zu wenig Ballaststoffen in der Ernährung und zu geringer körperlicher Bewegung. Eine weitere häufige Ursache ist das Reizdarmsyndrom. Selten kann es passieren, dass Darmerkrankungen wie Dickdarm- oder Mastdarmkrebs, Stoffwechselerkrankungen wie eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) oder Medikamente die Ursache der Verstopfung sind. Auch führt langjähriger Gebrauch von Abführmitteln häufig zu Verstopfung. Auch während der Schwangerschaft oder durch eine Ernährungsumstellung im Urlaub kann es vorübergehend zu Verstopfung kommen. (siehe auch: http://www.netdoktor.de/krankheiten/verstopfung-ursachen.htm)

Aber lesen wir erst einmal weiter:

Rund 40 Prozent der Betroffenen versuchen, die Verstopfung durch eine Umstellung der Ernährung zu behandeln, jeder Vierte unternimmt sogar rein gar nichts und wartet lieber darauf, dass sich sein Problem von selbst erledigt - in den allermeisten Fällen jedoch vergeblich. Dazu Umfrage-Mitautor Prof. Dr. Carmelo Scarpignato von der Universität Parma (Italien): "Häufig halten unbegründete Ängste die Betroffenen davon ab, die besten verfügbaren Therapien wie Kontaktlaxantien vom Typ Bisacodyl zu nutzen. Würden sie zu einem Kontaktlaxans wie Dulcolax greifen, so wäre dies eine sichere und wirksame Wahl zur Linderung ihrer Beschwerden."

Klar. Schnell ein paar Pillen schlucken. Das gefällt Böhringer gut.

Dabei sollte die Therapie von der Ursache abhängen. Ballaststoffreiche Ernährung, ausreichende Flüssigkeitszufuhr (mindestens zwei Liter täglich) und regelmäßige Bewegung sind dabei eine gute Basis. Eine medikamentöse Therapie sollte zudem nie (!!!) ohne Rücksprache mit dem Arzt erfolgen. Erst einmal muss nämlich eine ernsthafte Erkrankung als Ursache der Verstopfung ausgeschlossen werden.

Davon erzählen die Stroebel-Leute aber lieber nichts. Denn der Kunde hat den Text bezahlt, eine gewisse kritische Distanz ist damit ebenfalls abgegolten.

Weiter im Text:

Der Dulcolax-Wirkstoff Bisacodyl tritt nur dort in Aktion, wo er auch wirklich benötigt wird, nämlich im Dickdarm. Dort stimuliert er die natürlichen Eigenbewegungen des Darms. Die Wirkung der Dragees tritt innerhalb von sechs bis zwölf Stunden ein. Bei der empfohlenen Einnahme vor dem Zubettgehen werden die quälenden Symptome
buchstäblich über Nacht beseitigt. Studienleiter Professor Dr. Arnold Wald von der Universität Wisconsin in Madison (USA) räumt mit Vorurteilen auf: "Wir wissen heute, dass Ballaststoffe und viel
Flüssigkeit eine Verstopfung keineswegs sicher lindern können. Es ist von größter Bedeutung, diese falschen Annahmen zu korrigieren und zu überwinden".


Klingt toll. Schauen wir uns aber mal an, was die Dulcolax noch so alles kann: (http://www.netdoktor.de/medikamente/100002573.htm). Ich zitiere:

Warnhinweise

"Herzmedikamente mit herzwirksamen Glykosiden können durch Störungen im Mineralstoffhaushalt (Kaliummangel) oder Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten schnell zu stark wirken (Lebensgefahr!). Deshalb sollten Sie bei Auftreten folgender Nebenwirkungen sofort den Arzt aufsuchen: Übelkeit, Erbrechen, Sehstörungen (Farbensehen), Halluzinationen, Herzrhythmusstörungen.

Das Medikament führt bei längerer Anwendung und in Dosierungen, die dünne Stühle verursachen zu hohen Kaliumverlusten. Ein Kaliummangel wiederum führt erneut zur Verstopfung und auf Dauer zur chronischen Darmträgheit. Um diesen Teufelskreis zu unterbinden, darf das Medikament nicht länger als ein bis zwei Wochen angewendet werden. Durch Abführmittel wird der Darm stärker enleert als beim natürlichen Stuhlgang. Daher wird die Zeit bis zur nächsten Darmentleerung länger dauern als gewöhnlich.

Wann ist das Medikament nicht für Sie geeignet (Gegenanzeigen)?

- Akute, entzündliche Magen-Darm-Erkrankungen
- Darmverschluß
- Kinder unter zwei Jahren
- Störungen des Mineralstoff- und Wasserhaushalts
- Schwangerschaft und Stillzeit

Während der Schwangerschaft sollte das Medikament möglichst nicht angewendet werden, es sei denn, Ihr Arzt hält dies für unbedingt erforderlich.

Während der Stillzeit darf dieses Medikament angewendet werden. Eine Medikamentenanwendung während der Stillzeit sollte jedoch generell von Ihrem Arzt entschieden werden.

Nebenwirkungen

Aufgelistet sind die wichtigsten, bekannten Nebenwirkungen. Sie können auftreten, müssen aber nicht, da jeder Mensch unterschiedlich auf Medikamente anspricht.

Manchmal reagieren Menschen allergisch auf Medikamente. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion verspüren, informieren Sie sofort Ihren Arzt oder Apotheker.

Verminderung des Kaliumspiegels im Blut (Hypokaliämie) mit Symptomen wie Benommenheit, Muskelschwäche, Magen-Darm-Beschwerden, Verstopfung, Herzrhythmusstörungen

Störungen im Mineralstoffhaushalt, z.B. Natrium, Kalium, Magnesium, Kalzium

Verstärkung der Darmträgheit (Verstopfung) bei langfristiger Anwendung

Wechselwirkungen

Durch die abführende Wirkung kann die Aufnahme anderer Medikamente aus dem Darm beeinträchtigt werden. Langfristige Anwendung führt zu Mineralstoffmangel, insbesondere Kalium. Diese Verluste können durch wassertreibende Medikamente und Kortison noch gesteigert werden. Ein Kaliummangel verstärkt zudem die Wirkung von Herzglykosiden, die zur Behandlung von Herzschwäche eingesetzt werden. Selbst eine geringfügige Wirkungssteigerung von Herzglykosiden kann jedoch zu schweren Überdosierungserscheinungen führen."

Und die Moral von der Geschichte?

Papier ist geduldig. Wenn als Autor allerdings irgendwas mit "communications" drunter steht, sollte man es lieber nicht lesen, sondern anderweitig nutzen. Zum Beispiel dem Altpapier zuführen. Daraus macht die Industrie dann Toilettenpapier, welches bei gesunder Ernährung und viel Bewegung wesentlich hilfreicher ist als blöd auf Pillen zu vertrauen.


To prevent spam abuse referrers and backlinks are displayed using client-side JavaScript code. Thus, you should enable the option to execute JavaScript code in your browser. Otherwise you will only see this information.

... comment



To prevent spam abuse referrers and backlinks are displayed using client-side JavaScript code. Thus, you should enable the option to execute JavaScript code in your browser. Otherwise you will only see this information.